Offener Brief an die grüne Landtagsfraktion

Offener Brief an die Landtagsfraktion der Grünen betreffend Mindestabstände im Wettunternehmergesetz
 
Sehr geehrte Abgeordnete der Grünen im Salzburger Landtag,
 
bundesweit sind die Grünen dafür bekannt, sich gegen die negativen Einflüsse des Glücksspiel- und auch Wettwesens zu engagieren. Gilt es doch, unsere Bevölkerung – allen voran unsere Kinder und Jugendlichen – vor diesen Versuchungen und später leider oftmals auch Süchten zu schützen. Umso weniger verstehen wir es, warum die Grünen in Salzburg im neuen Wettunternehmergesetz – welches unter ihrer Hauptverantwortung erarbeitet wurde – diesen dringend notwendigen Schutz nur unzureichend umsetzen, sich das neue Gesetz dafür aber umso schöner reden.
 
Wir wenden uns daher mit diesem Offenen Brief an Sie, um Sie aufzufordern, Ihre Entscheidung über die Nichteinführung von Mindestabständen im Salzburger Wettunternehmergesetz noch einmal zu überdenken.
 
Sie begründen Ihre ablehnende politische Haltung gegenüber Mindestabständen damit, dass es „verfassungsrechtliche Bedenken“ gäbe. Schließlich zähle die Erwerbsfreiheit (des Wettunternehmers) zu den Grundrechten und seien diese nur sehr schwer, bis gar nicht antastbar.
Sie verkennen dabei, dass ein Eingriff in die Erwerbfreiheit sehr wohl rechtlich möglich ist und zwar dann, wenn es zum Schutz eines anderen höherwertigeren Gutes notwendig und auch zweckmäßig ist. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich eine Interessensabwägung vorzunehmen. Aus unserer bescheidenen Sicht ist der Schutz zigtausender Kinder und Jugendlicher aber auch der Schutz von (pathologischen) SpielerInnen eindeutig höher zu bewerten als die Erwerbsfreiheit einiger weniger.

Genau solche Interessensabwägungen haben die verschiedensten Gesetzgeber bereits getätigt und Mindestabstände beschlossen: Im Glücksspielgesetz des Bundes beispielsweise sind Mindestabstände zwischen sogenannten Video-Lotterie-Terminals (VLT) vorgeschrieben. In den Erläuterungen zum Gesetz heißt es dazu: Um eine unerwünschte Konzentration von Glücksspiel an einzelnen Orten mit dementsprechend überhitzter Kundenwerbung an diesen Punkten zu vermeiden und die Spielteilnehmer auch davor zu schützen, dass sie von einem unmittelbar in den anderen größeren Automatensalon „ziehen“, ist weiters vorgesehen, dass im Umkreis von 300 Metern Luftlinie (bzw. in Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern im Umkreis von 150 Metern Luftlinie) kein weiterer Automatensalon mit mehr als 15 Glücksspielautomaten eröffnet werden kann.

Unser unmittelbarer Nachbar, die Bayrische Staatsregierung, hat diesbezüglich ebenfalls sehr eindeutig Stellung bezogen, indem sie in Zusammenhang mit Mindestabständen in dem „Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland“ folgendes ausführt:

Bei den […] Normen handle es sich um Berufsausübungs-, nicht Berufswahlregelungen, da Art und Weise der beruflichen Betätigung festgelegt würden. Die Berufsfreiheit gewährleiste nicht die Möglichkeit des unbefristeten Betreibens einer Spielhalle bestimmter Größe oder an bestimmten Orten. Suchtbekämpfung und  -vorbeugung, Spieler- und Jugendschutz sowie Schutz vor Folge- und Begleitkriminalität seien besonders wichtige Gemeinwohlziele, die die Berufsausübungsregelungen rechtfertigten. Ziel der Regelungen sei es, die Verfügbarkeit des Geld- oder Warengewinnspiels als potenziellen Suchtauslöser zu begrenzen und einem weiteren Zuwachs an Spielhallen entgegenzuwirken. Der Bayrische Verfassungsgerichtshof hat in einer Klage gegen diese Regelung die Mindestabstände einer verfassungsrechtlichen Prüfung unterzogen. Ergebnis: Mindestabstände sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wiewohl die deutsche Rechtslage eine etwas andere sein mag als die österreichische – die Grundsatzabwägung, dass Spieler- und Jugendschutz wichtiger sind als die Berufsausübung ist 1:1 auf die österreichischen Verhältnisse anwendbar.   

Salzburg wäre auch nicht das erste Bundesland, das in diesem Bereich Mindestabstände zu Schulen und  Kinderbetreuungseinrichtungen vorsieht. Das Kärntner Spiel- und Glücksspielautomatengesetz schreibt vor, dass  Betriebsstätten mit mehr als 10 Glücksspielautomaten oder Automatensalons 100 Meter von Schulen, Horten etc. entfernt sein müssen.  Diese Bannmeile geht den Kärntner Grünen nicht weit genug und so forderten sie jüngst eine Ausweitung derselben. Eine Bannmeile sei nämlich aus ihrer Sicht „ein wichtiger Beitrag zur Prävention“.

Dennoch führen Sie aus, dass der von uns vorgeschlagene Mindestabstand von 800 Metern „de facto“ zu einem Wettverbot im Stadtgebiet führen würde. Sie lassen dabei (bewusst?)  außer Acht, dass es sich beim Wettunternehmergesetz schließlich um ein Landesgesetz handelt. Bei einem Landesgesetz ist nicht die Stadt Salzburg allein der Maßstab  um die Einführung von Mindestabständen zu bewerten. Bei Landesgesetzen erstreckt sich die Wirkung bekanntlich auf das ganze Bundesland und somit wären selbst bei 800 Metern Mindestabstand zu Schulen und Kindergärten genügend potentielle Plätze für Wettbüros denkbar. Dass diese wohl nicht mehr  in bester Orts- oder Stadtlage zu finden sein werden kann uns allen doch nur recht sein, oder etwa nicht? Darüber hinaus haben wir wiederholt klargestellt, dass wir an den 800 Metern nicht festhalten, sondern natürlich auch geringere – wie bereits jetzt in Landesgesetzen vorgeschriebene - Abstände wie bei Spielhallen  (500m) oder Bordellen (300m) akzeptieren würden.

Ganz ehrlich: Wir verstehen Ihre ablehnende Haltung einfach nicht. Sie sagen selber, dass mit dem neuen Gesetz das illegale Glückspiel - welches oftmals unter dem Deckmantel des Wettens passiert – bekämpft werden soll. Strenge Auflagen sind gut und werden von uns selbstverständlich auch ausdrücklich begrüßt. Warum aber nicht schon präventiv und konsequent agieren und den Deckmantel an sich schon möglichst effektiv verhindern? Wenn Wettbüros aus Ihrer Sicht dafür bekannt dafür sind, Horte des illegalen Glückspiels zu sein, warum erschwert man nicht die Genehmigung an sich? Warum lassen Sie es mit den neuen Gesetz weiterhin zu, dass sich Wettbüro an Wettbüro reihen kann – oftmals in bester Ortslage? Warum ist die Eröffnung weiterer Filialbetriebe weiterhin nur anzeige- und nicht auch genehmigungspflichtig. Jede/-r der einmal eine Wettkonzession hat kann x-beliebig viele weitere Lokale eröffnen. Ist das tatsächlich in Ihrem Sinn?

Ich weiß, Sie empfinden dieses E-Mail in einem ersten Reflex als politisch motivierten Angriff auf Ihre – sicherlich ernst gemeinten - Bemühungen in diesem Bereich. Ich darf Ihnen aber versichern, dass es uns nicht darum geht, Ihre Arbeit schlechtzureden. Es geht uns ganz ehrlich und von Herzen um die Sache. Wir erleben zu oft wie  Frauen und Kinder Hilfe und Beratung suchen, weil sie unter der Spiel- oder Wettsucht eines Familienmitgliedes leiden und vor den Scherben ihrer Existenz stehen.  Wir erleben heute zu oft wie gering die Hemmschwelle ist eines dieser zahlreichen Lokale einfach zu betreten. Wir sehen mit eigenen Augen wie viele Wettlokale in der Stadt Salzburg in den letzten zwei Jahren aus dem Boden geschossen sind. Das ist unser Antrieb. Sachlich sind Mindestabstände möglich und argumentierbar: Setzen  wir sie einfach um.

Ihnen allen auf diesem Wege noch ein gutes und vor allem gesundes neues Jahr!

Mit freundlichen Grüßen,  

Michael Wanner
Bernhard Auinger
Anja Hagenauer

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